Der Fall von Walter A. Berendsohn, Begründer der deutschsprachigen Exilliteraturforschung, verweist auf die Vorbehalte, die an der Universität und in der Stadt gegenüber einer Wiederanstellung der von den Nationalsozialisten vetriebenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bestanden.
Das Personalamt der Stadt Hamburg anerkannte in diesem Schreiben den Anspruch auf Wiedergutmachung Walter A. Berendsohns und zeigte ihm das zu beachtende Verfahren in der Zeit vor dem Bestehen einer verlässlichen gesetzlichen Regelung auf. Zentraler Bestandteil war die Einnahme eines Arbeitsplatzes an der früheren Verwendungsstelle. Eine Rückkehr nach Hamburg wäre damit zwangsläufig verbunden gewesen.
Der im schwedischen Exil lebende Walter A. Berendsohn bemühte sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges um Wiederaufnahme in die Universität Hamburg, aus der er 1933 aus rassischen Gründen entlassen worden war. 1954 verfasste der Syndikus der Universität das hier abgebildete Gutachten, in dem er den Weg zur Wiederaufnahme in die Fakultät und damit die Universität aufzeigte. Grundlage war die Wiedergewinnung seiner venia legendi und des Doktorgrades, die ihm im Zuge der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entzogen worden waren.
Die Abhaltung von Gastvorlesungen an alter Wirkungsstätte war ein für von den Nationalsozialisten Verfolgte in ihrem Remigrationsverfahren üblicher Schritt. Gegenseitige (Wieder-)Annäherung und Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung standen dabei im Fokus. Nachdem Walter A. Berendsohn bereits 1948 Gastvorlesungen in Hamburg abgehalten hatte, wollte die Fakultät keine weiteren Gastvorlesungen von ihm akzeptieren. Zum einen sei der wissenschaftliche Wert nicht gegeben, zum anderen soll er sich negativ über die politische Haltung der deutschen Universitäten geäußert haben.
Walter A. Berendsohn war nach seiner Emigration im Zuge der nationalsozialistischen Verfolgung die akademische Lehrbefugnis (die venia legendi) und der Grad eines Doktors entzogen worden. In der Nachkriegszeit wurde ihm durch die Universität Hamburg das Weiterbestehen seiner venia legendi bestätigt und er wurde wieder offiziell in den Lehrkörper der Universität aufgenommen. Nun wollte Berendsohn auch wieder Lehrveranstaltungen halten. Die Fakultät aber sah in der Wiederaufnahme des exilierten Professors lediglich einen symbolischen Akt der Wiedergutmachung. Der hier wiedergegebene Briefwechsel dokumentiert diese unterschiedliche Sichtweise. Es kam in der Folge weder zu einer Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit noch zu einer Remigration des Wissenschaftlers nach Hamburg.
Nach der Neufassung des Bundesgesetzes für Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst von 1955 musste die Philosophische Fakultät der Universität Hamburg eine Stellungnahme abgeben, ob Walter A. Berendsohn ohne die rassische Verfolgung im Nationalsozialismus auf die beamtete Stellung eines außerordentlichen Professors gekommen wäre. Daraus hätten sich finanzielle Ansprüche ergeben. Die Fakultät fällte hier ein vernichtendes Urteil über die wissenschaftliche Qualität des betroffenen Wissenschaftlers, das so von nachfolgenden Generationen nicht geteilt wurde. Berendsohn erhielt später in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen von der Fakultät die Ehrendoktorwürde verliehen und posthum wurde eine Forschungsstelle der Universität nach ihm benannt.
Als späte Wiedergutmachung und als Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen erhielt Walter A. Berendsohn 1982 hochbetagt die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Hamburg. Dieser Schritt stellte einen symbolischen Akt der Wiedergutmachung für erlittenes nationalsozialistisches Unrecht und die fehlende Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen seitens der Nachkriegs-Universität dar, die ihm eine Rückkehr nach Deutschland unmöglich gemacht hatte.
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Dennis Hormuth, Der Fall Walter A. Berendsohn. Forsetzung der Ausgrenzung an der Universität Hamburg, in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte. <https://schluesseldokumente.net/beitrag/jgo:article-299> [04.11.2024].