Am 22.6.1862 veröffentlichte
Wilhelm Marr seine Schrift
„Der Judenspiegel“ (1-4. Auflage, 56 Seiten), wobei die Auflagen 2 bis 4
innerhalb weniger Wochen erschienen. Die 5. Auflage, aus der hier, wenn nicht
anders vermerkt, zitiert wird, wurde noch im selben Jahr, aber mit einem „andern
Vorwort“ publiziert und umfasst 58 Seiten. In dieser Auflage sind das
zweiseitige Nachwort und der ebenfalls zweiseitige „Spätere Zusatz“ der früheren
Ausgaben weggelassen worden, in denen
Marr erklärt, warum er
zunächst gezögert habe, diese Schrift zu veröffentlichen, und was ihn dann doch
zur Publikation veranlasste. Publiziert wurde die Schrift im Selbstverlag des
Verfassers in
Hamburg (Druck: Pontt und
Döhren). Als Motiv für die veränderte Einleitung der 5. Auflage nennt
Marr die
„gassenbubenhafte Art und Weise, wie die tonangebende Mehrzahl der
Hamburger Juden nicht
gegen meine Schrift, sondern gegen meine Person aufgetreten ist“
, was ihn zwinge, den „versöhnenden Schluß“
der früheren Einleitung
wegzulassen und stattdessen eine Antikritik gegen falsche Beurteilungen seiner
Arbeit hinzuzufügen.
Marr hatte 1862 zunächst vorgehabt, mit einer
proemanzipatorischen
Schrift das Reformjudentum in dessen Auseinandersetzung mit der jüdischen
Orthodoxie zu unterstützen. Auf die harsche Kritik an seiner Publikation im
„Courir an der Weser“ vom 13.6.1862 arbeitete er
sein liegengelassenes Manuskript in wenigen Tagen um, so dass es zahlreiche
innere Widersprüche enthält und von ihm selbst später als „unreif“ bezeichnet
wurde. Er griff nun sowohl die orthodoxen wie die Reformjuden als reaktionär an.
Das Motto auf dem Titelblatt aus
Heinrich Heines programmatischem Zeitgedicht „Das neue
Israelitische Hospital in
Hamburg“ von 1843, in dem vom Judentum
als „tausendjährigem Familienübel“ die Rede ist, aber auch die der Hoffnung
Ausdruck gebende Frage gestellt wird, ob „einst der Enkel genesen und vernünftig
sein und glücklich (wird)“
, schlägt das Thema des Buches an.
Wilhelm Marr, Der Judenspiegel, Hamburg 1862 (5. Auflage), veröffentlicht in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte,
<https://dx.doi.org/10.23691/jgo:source-102.de.v1> [30.12.2024].