Jüdische Ärzte und Ärztinnen in Hamburg und ihre Entrechtung während des Nationalsozialismus

Anna von Villiez

Quellenbeschreibung

Die Kassenärztliche Vereinigung und die Ärztekammer begannen in Hamburg bereits kurz nach der „Machtergreifung“ die als „jüdisch“ beziehungsweise „nicht arisch“ geltenden Ärzte in Listen zu erfassen. Diese Listen waren nicht öffentlich, sondern gingen den Fürsorgeämtern, den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens zu. Die undatierte Liste wurde vermutlich 1935 durch die Hamburger Kassenärztliche Vereinigung gedruckt und listet 150 Ärzte in Hamburg, Wandsbek und Altona, die nach nationalsozialistischer Terminologie als „jüdisch“ galten auf. Die gelisteten Arztpraxen verteilten sich über ganz Hamburg mit einem Schwerpunkt auf den jüdisch geprägten Vierteln Grindel und Harvestehude einerseits und einigen Straßen, in denen sich besonders viele Arztpraxen ballten, andererseits. Sehr viele Praxen befanden sich zum Beispiel in den Colonnaden in der Innenstadt. Die Listen stellen eine wertvolle Quelle dar, dokumentieren sie doch sowohl den bedeutenden Anteil jüdischer Ärzte im Hamburger Gesundheitswesen als auch die bereitwillige und frühe Mitarbeit der Ärzteschaft an ihrem Ausschluss.
  • Anna von Villiez

Lange Tradition jüdischer Medizin in Hamburg


Lis­ten, die die Ärz­te­schaft in „Juden“ be­zie­hungs­wei­se „Nicht-​Arier“ und „Arier“ un­ter­schie­den, wären noch drei Jahre zuvor kaum denk­bar ge­we­sen. Zur Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik leb­ten und ar­bei­te­ten jü­di­sche Ärzte mit und neben ihren nicht­jü­di­schen Kol­le­gen, so­wohl als Nie­der­ge­las­se­ne als auch an den Ham­bur­ger Kran­ken­häu­sern und an der Me­di­zi­ni­schen Fa­kul­tät. Un­ter­schied­li­che re­li­giö­se Be­kennt­nis­se spiel­ten im ärzt­li­chen All­tag keine Rolle. Aus vor­mals kon­fes­sio­nell ge­bun­de­nen Kran­ken­häu­sern waren städ­ti­sche Ein­rich­tun­gen ge­wor­den, an denen sich christ­li­che und jü­di­sche Pa­ti­en­ten glei­cher­ma­ßen be­han­deln lie­ßen.

In Ham­burg war bis zum Be­ginn na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Herr­schaft der An­teil jü­di­scher Ärzte auf etwa ein Vier­tel an­ge­wach­sen. Die Liste nennt 150 Ärzte, die nach der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ter­mi­no­lo­gie als Juden gal­ten, rund 10 Pro­zent der Ham­bur­ger Ärz­te­schaft. Nicht ge­lis­tet sind die Ärzte, die als „Halb-“ oder „Vier­tel­ju­den“ eben­falls durch Dis­kri­mi­nie­rung und Be­schnei­dung ihrer be­ruf­li­chen Rech­te be­trof­fen waren. Auch feh­len auf der Liste die be­reits in den ers­ten Jah­ren na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Herr­schaft aus­ge­wan­der­ten Ärzte. Nach der Öff­nung der Uni­ver­si­tä­ten für Juden im Laufe des 18. Jahr­hun­derts hat­ten sich Juden in stei­gen­den Zah­len für ein Me­di­zin­stu­di­um ent­schie­den. Hatte es be­reits eine lange Tra­di­ti­on jü­di­scher me­di­zi­ni­scher Ge­lehr­ter in Eu­ro­pa ge­ge­ben, so spiel­ten Juden in der sich pro­fes­sio­na­li­sie­ren­den Me­di­zin des 19. Jahr­hun­derts eine zu­neh­mend star­ke Rolle. Die star­ke Prä­senz und Ex­per­ti­se von Juden im Arzt­be­ruf lässt sich nicht auf eine For­mel re­du­zie­ren, die von der An­ti­ke bis in die Mo­der­ne so­wohl die große Zahl als auch den über­durch­schnitt­li­chen Er­folg der jü­di­schen Ärzte er­klä­ren könn­te. Ein Grund für die tra­di­tio­nell star­ke Ver­bin­dung von Ju­den­tum und Arzt­be­ruf sind re­li­giö­se Grund­la­gen des Ju­den­tums. Im Mit­tel­al­ter bis in die frühe Neu­zeit waren jü­di­sche Ärzte oft auch Rab­bi­ner, zumal die Aus­übung ei­ni­ger re­li­giö­ser Vor­schrif­ten, wie die Be­schnei­dung, me­di­zi­ni­sche Kennt­nis­se vor­aus­setz­te. Die häu­fi­ge per­so­nel­le Ver­bin­dung von Arzt und re­li­giö­sem Ge­lehr­ten und damit auch die Ver­bin­dung von Re­li­gi­on mit dem Hei­len ist einer der Grün­de, wes­halb Ärzte und an­de­re Heil­be­ru­fe im Ju­den­tum einen hohen Sta­tus ge­nos­sen und die Kunst des Hei­lens als etwas be­son­ders Ver­dienst­vol­les galt. Die tra­di­tio­nell hohe Ach­tung der Ärzte im Ju­den­tum geht dabei auch auf die vie­len Ver­wei­se auf die Heil­kunst im Tal­mud und in der Tora zu­rück. Ein Haupt­grund für die auch in der Neu­zeit be­son­ders star­ke Ver­bin­dung von Ju­den­tum und Me­di­zin war die Mög­lich­keit der ge­sell­schaft­li­chen In­te­gra­ti­on durch den Arzt­be­ruf. Mit der Eman­zi­pa­ti­on im 19. Jahr­hun­dert wuchs der Wunsch, einen Platz im deut­schen Bür­ger­tum zu fin­den. Für Juden waren viele tra­di­tio­nel­le Be­rufs­we­ge des Bür­ger­tums ver­schlos­sen, wie zum Bei­spiel eine Be­am­ten­po­si­ti­on. Der Beruf des Arz­tes bot hin­ge­gen als selb­stän­di­ge Tä­tig­keit eine re­la­tiv ver­läss­li­che Op­ti­on, die ei­ge­ne so­zia­le Po­si­ti­on zu ver­bes­sern. Gleich­zei­tig er­öff­ne­te die Me­di­zin als Na­tur­wis­sen­schaft Juden im Pro­zess der kul­tu­rel­len und re­li­giö­sen Neu­ori­en­tie­rung eine Mög­lich­keit, Re­li­gio­si­tät und mo­ra­li­sche In­te­gri­tät in eine neue, sä­ku­la­ri­sier­te Form des Selbst­ver­ständ­nis­ses zu trans­por­tie­ren. Die Ha­ska­la, die jü­di­sche Auf­klä­rung, hatte das In­ter­es­se an den Na­tur­wis­sen­schaf­ten ge­stärkt. Bil­dung wurde zu einem we­sent­li­chen Teil jü­di­scher Iden­ti­tät. Die jü­di­schen Ärz­tin­nen auf der Liste ge­hör­ten zur ers­ten und zwei­ten Ge­nera­ti­on von Ärz­tin­nen in Deutsch­land über­haupt. Erst zur Jahr­hun­dert­wen­de hat­ten sich die Uni­ver­si­tä­ten auch Frau­en ge­öff­net. Es waren über­durch­schnitt­lich viele Jü­din­nen, die Ärz­tin­nen wur­den und damit zu den ers­ten aka­de­misch ge­bil­de­ten Frau­en ge­hör­ten. Die Phy­sio­lo­gin Rahel Liebeschütz-​Plaut hatte sich 1923 als erste Frau an der me­di­zi­ni­schen Fa­kul­tät Ham­burg ha­bi­li­tie­ren kön­nen.

Entrechtung und Verdrängung


Mit dem Be­ginn na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Herr­schaft in Deutsch­land be­gann eine schnel­le be­ruf­li­che Ent­rech­tung jü­di­scher Me­di­zi­ner. Den ärzt­li­chen Or­ga­ni­sa­tio­nen kam eine nicht zu un­ter­schät­zen­de Ver­ant­wor­tung in der Ent­rech­tung der ver­folg­ten Ärzte zu, näm­lich die Er­fas­sung und Ver­wal­tung. So­wohl die Ärz­te­kam­mern als auch die Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung Deutsch­lands (KVD) über­nah­men in ihrem Ver­zeich­nis­we­sen die ras­sis­ti­schen Ka­te­go­ri­sie­run­gen in „nicht ari­sche“ und „ari­sche“ be­zie­hungs­wei­se „jü­di­sche“ und „nicht jü­di­sche“ Ärzte, wie sich im Titel der Quel­le be­reits zeigt. In den in­tern ge­führ­ten Kar­tei­en wur­den Da­vid­ster­ne auf die Kar­tei­kar­ten der „jü­di­schen Ärzte“ ge­stem­pelt. Die Ent­rech­tung der jü­di­schen Ärzte nach 1933 ver­lief in un­ter­schied­li­chen Pha­sen: In der Kon­so­li­die­rungs­pha­se der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft 1933/34 er­folg­te ein schnel­ler Aus­schluss der Kas­sen­ärz­te und Ärzte im öf­fent­li­chen Dienst, die fort­an als „nicht arisch“ stig­ma­ti­siert waren. Auch die Me­di­zi­ni­sche Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Ham­burg ver­setz­te 16 Leh­ren­de wegen ihrer „jü­di­schen Her­kunft“ in den Ru­he­stand. Auf der Liste fin­den sich unter an­de­rem die Wis­sen­schaft­ler Wal­ter Gries­bach, Vik­tor Kafka, Her­mann Jo­se­phy, Wal­ter Kirsch­baum, alle lang­jäh­ri­ge und ver­dien­te Fa­kul­täts­mit­glie­der. Viele der Ent­las­se­nen waren noch für eine Weile nie­der­ge­las­sen tätig, bevor die meis­ten Deutsch­land ver­lie­ßen. In die­ser ers­ten Phase waren be­son­ders die Jun­gen und am we­nigs­ten Ver­mö­gen­den unter den Ärz­ten be­trof­fen. Sie emi­grier­ten be­reits in der Früh­pha­se. Auf­grund von Aus­nah­me­be­stim­mun­gen beim Ent­zug der Kas­sen­zu­las­sung, die vor allem die Front­kämp­fer des Ers­ten Welt­krie­ges aus­nahm, konn­te je­doch die große Mehr­heit der Ärzte zu­nächst wei­ter prak­ti­zie­ren und auch die Kas­sen­zu­las­sung be­hal­ten. Die zwei­te Phase der Ver­drän­gung ver­lief schritt­wei­se bis 1938 und nicht ab­rupt wie in an­de­ren Be­rufs­grup­pen. Der Er­lass der „Nürn­ber­ger Ge­set­ze“ 1935 stell­te eine wei­te­re Zäsur dar. Nicht nur, weil die Juden ab so­fort einer ras­sis­ti­schen Son­der­ge­setz­ge­bung un­ter­la­gen, ver­schärf­te sich ihre Lebens-​ und Ar­beits­si­tua­ti­on, son­dern auch, weil sich die NSDAP ver­stärkt be­müh­te, „ari­sche“ Pa­ti­en­ten und „nicht ari­sche“ Ärzte zu tren­nen und so die Grup­pe jü­di­scher Ärzte vom Markt zu ver­drän­gen. In die­sem Zu­sam­men­hang ist auch die Zu­sam­men­stel­lung und Ver­brei­tung der „Liste jü­di­scher Ärzte“ zu sehen. Die Mehr­heit der ver­folg­ten Ärzte konn­te trotz der immer schwie­ri­ge­ren und zu­neh­mend de­mü­ti­gen­den Be­din­gun­gen bis zum Herbst 1938 wei­ter prak­ti­zie­ren. Mit dem Jahr 1938 be­gann eine neue Phase der Ver­fol­gung, in der die Be­dro­hung exis­ten­zi­ell wurde. Bin­nen Jah­res­frist stan­den na­he­zu alle jü­di­schen Ärzte und Ärz­tin­nen unter Be­rufs­ver­bot und waren von jeder wei­te­ren ärzt­li­chen Be­tä­ti­gung in Deutsch­land aus­ge­schlos­sen. Mit der end­gül­ti­gen „Aus­schal­tung“ der ver­folg­ten Ärzte war die Ver­drän­gung aus dem Be­rufs­le­ben ab­ge­schlos­sen. Was folg­te, war eine schnell es­ka­lie­ren­de ge­walt­sa­me Ver­fol­gung und Ver­trei­bung. Eine große Zahl der männ­li­chen „nicht ari­schen“ Ärzte wurde im Rah­men der No­vem­ber­po­gro­mein das KZ Sach­sen­hau­sen ver­schleppt. In den Wo­chen der „Schutz­haft“ wurde dem gro­ßen Teil der Be­trof­fe­nen klar, dass sie keine Zu­kunft mehr in Deutsch­land haben wür­den. Auf der Liste fin­det sich zum Bei­spiel der Kin­der­arzt Ju­li­us Bauer, der bis De­zem­ber 1938 in Sach­sen­hau­sen in­haf­tiert blieb und dort schwer miss­han­delt wurde. Nach sei­ner Ent­las­sung floh er zu­nächst in die Nie­der­lan­de und von dort wei­ter nach Groß­bri­tan­ni­en. Nach die­sem trau­ma­ti­schen Herbst setz­te eine Aus­wan­de­rungs­wel­le ein, mit der die meis­ten der ver­folg­ten Ärzte Ham­burg für immer ver­lie­ßen. Ei­ni­gen we­ni­gen Ärz­ten ge­stat­te­te die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Füh­rung wei­ter zu ar­bei­ten, da Juden nicht mehr von nicht­jü­di­schen Ärz­ten be­han­delt wer­den durf­ten. Diese Ärzte hat­ten den dis­kre­di­tie­ren­den Titel „Kran­ken­be­hand­ler“ zu füh­ren.

Zerrissene und zerstörte Biografien


Die ge­lis­te­ten Ärzte und Ärz­tin­nen mit ihren Le­bens­ge­schich­ten bil­den die Ge­schich­te jü­di­scher Me­di­zin und ihrer Zer­stö­rung nach 1933 ab. Gleich der erste Arzt auf der Liste, Ju­li­us Adam, per­so­ni­fi­zier­te als Grün­der der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung Ham­burgs die Ge­nera­ti­on jü­di­scher Ärzte, die mit über­durch­schnitt­li­chem En­ga­ge­ment die Ham­bur­ger Ärz­te­in­sti­tu­tio­nen auf­ge­baut und ge­prägt hat­ten. Ge­bo­ren im da­mals preu­ßi­schen Lissa (heute Les­z­no) hatte sich Adam 1888 in der Wil­hel­mi­nen­stra­ße 56 (heute Hein-​Hoyer-Straße) auf St. Pauli nie­der­ge­las­sen. Er war schon 1895 Grün­dungs­mit­glied der Ham­bur­ger Ärz­te­kam­mer ge­we­sen. Spä­ter mach­te er es zu sei­ner Sache, für eine bes­se­re Or­ga­ni­sa­ti­on der Ärzte im ent­ste­hen­den Kran­ken­kas­sen­sys­tem zu sor­gen. 1919 in­iti­ier­te er die Schaf­fung der Ver­ei­ni­gung der Kas­sen­ärz­te Groß-​Hamburgs und ver­blieb bis 1925 im Vor­stand. Nach­dem er 1935 seine Pra­xis auf­ge­ge­ben hatte, ver­such­te er, in die USA aus­zu­wan­dern. Nach einer De­nun­zia­ti­on wurde er je­doch ver­haf­tet und für ein Jahr im KZ Fuhls­büt­tel in­haf­tiert. Als 80-​jähriger de­por­tier­te man ihn schließ­lich im Juli 1942 nach The­re­si­en­stadt, wo er am 28.10.1942 umkam. Bei einer Reihe von Ärz­ten auf der Liste ist das Is­rae­li­ti­sche Kran­ken­haus als Adres­se an­ge­ge­ben. So bei Ilse Fried­heim, Ger­hard Ga­bri­el, Ernst-​Oskar Fried­län­der oder Hel­mut Na­than. Das Is­rae­li­ti­sche Kran­ken­haus war eines der be­deu­tends­ten jü­di­schen Kran­ken­an­stal­ten Deutsch­lands. Der Auf­stieg die­ses Hau­ses fand in der er­folg­rei­chen Zeit der Ver­bür­ger­li­chung der jü­di­schen Min­der­heit statt. Zum Ende des 19. Jahr­hun­derts wurde das Is­rae­li­ti­sche Kran­ken­haus in eine pri­vat­recht­li­che Stif­tung um­ge­wan­delt, die von Pa­ti­en­ten aller Kon­fes­sio­nen in An­spruch ge­nom­men wer­den konn­te. Das Kran­ken­haus be­fand sich an der Eckern­för­der­stra­ße, der heu­ti­gen Simon-​von-Utrecht-Straße, mit­ten im Arbeiter-​ und Ha­fen­vier­tel St. Pauli. Nach 1933 ar­bei­te­te eine Reihe von jü­di­schen Ärz­ten und Ärz­tin­nen am Is­rae­li­ti­schen Kran­ken­haus, nach­dem sie ihre An­stel­lung oder ihre Kas­sen­zu­las­sung ver­lo­ren hat­ten. So kam zum Bei­spiel der Pro­fes­sor für Chir­ur­gie, Ar­thur Is­ra­el, nach sei­ner Re­le­ga­ti­on an der Uni­ver­si­tät Ber­lin für kurze Zeit an das Is­rae­li­ti­sche Kran­ken­haus in Ham­burg. So wurde das Hos­pi­tal zu einer letz­ten Mög­lich­keit be­ruf­li­cher Be­tä­ti­gung, zu­gleich wurde es auch für die immer klei­ner wer­den­de jü­di­sche Ge­mein­de zu einem letz­ten Re­fu­gi­um, wo sie me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung bekam. Im Ok­to­ber 1941 be­gan­nen die De­por­ta­tio­nen aus Ham­burg in die To­des­la­ger und Get­tos. Die am Kran­ken­haus ver­blie­be­nen Ärzte muss­ten die Trans­port­fä­hig­keit derer fest­stel­len, die sich auf den De­por­ta­ti­ons­lis­ten be­fan­den. Die Ärzte und Ärz­tin­nen, die sich nicht mehr durch eine Emi­gra­ti­on hat­ten ret­ten kön­nen, wur­den eben­falls in die Get­tos und To­des­la­ger ver­schleppt. Von 38 Ärz­ten und sechs de­por­tier­ten Ärz­tin­nen aus Ham­burg über­leb­ten nur vier. Ei­ni­ge Ärzte blie­ben durch ihre nicht­jü­di­schen Ehe­part­ner vor einer De­por­ta­ti­on ver­schont oder prak­ti­zier­ten als „Misch­lin­ge“ bis zum Kriegs­en­de wei­ter. Eine lange und frucht­ba­re Tra­di­ti­on jü­di­scher Ärzte in Ham­burg war vor­erst er­lo­schen.

Auswahlbibliografie


Ina Lorenz, Die dunklen und schweren Jahre (1933–1945), in: Israelitisches Krankenhaus in Hamburg (Hrsg.), 150 Jahre Israelitisches Krankenhaus in Hamburg, Hamburg 1997.
Anna von Villiez, Mit aller Macht verdrängt. Entrechtung und Verfolgung „nicht arischer“ Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945, Hamburg u. a. 2009.

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Zur Autorin

Anna Villiez-Kupisch, Dr. phil., geb. 1974, ist Leiterin der Gedenk- und Bildungsstätte Israelitische Töchterschule in Hamburg. Zu ihren Forschungsinteressen zählen: Medizingeschichte in Kolonialzeit und Nationalsozialismus, Wissenschaftsgeschichte, Provenienzforschung und die Entstehungsgeschichte anatomischer, ethnologischer und anthropologischer Sammlungen.

Zitationsempfehlung und Lizenzhinweis

Anna von Villiez, Jüdische Ärzte und Ärztinnen in Hamburg und ihre Entrechtung während des Nationalsozialismus, in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 22.09.2016. <https://dx.doi.org/10.23691/jgo:article-156.de.v1> [12.06.2025].

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