Der Satiriker
Julius Stettenheim
veröffentlichte im Juni 1862 in
Hamburg eine
vierseitige satirische Flugschrift mit dem Titel
„Der Judenfresser. Ein ‚Wohl bekomm’s“,
die eine Karikatur und ein siebenstrophiges Gedicht mit dem Titel „Toller Spuk
im Sommernachtstraum“ enthält. Die Schrift wurde auf Stangen durch die Stadt
getragen und von deren Trägern ausgerufen und für einen Schilling verkauft. Die
Schrift war eine satirische Antwort auf die Publikation eines Briefes von
Wilhelm Marr, der
im „Courier an der Weser“ Nr. 161 am 13.6.1862
veröffentlicht worden war. Ein Bremer Freund hatte
Marr gebeten, ihn in der
Sache der
Judenemanzipation zu unterstützen.
Marr lehnte ab und
publizierte am 22.6.1862 stattdessen die Schrift
„
Der Judenspiegel“. Diese Publikationen
lösten im politischen Leben
Hamburgs einen Sturm der Entrüstung aus.
Marr musste sich vor dem
„
Demokratischen
Verein“ und dem „Gesellschaft zur Förderung
der Gewissensfreiheit“, zu deren Mitgliedern er zählte,
verantworten und willigte schließlich ein, seinen Sitz im
Vorstand aufzugeben.
Julius Stettenheim, der nach
seinem Studium an der
Berliner
Universität in seinen Geburtsort
Hamburg zurückgekehrt
war, gab dort ab 1862 das humoristisch-satirische Blatt
„Hamburger Wespen“ heraus. Er war später in
Berlin
Mitarbeiter am „Kladderadatsch“ und
Redakteur des „Wippchen“, einer Beilage zum „Kleinen
Journal“, die ihn berühmt machen sollte. Seine Lehrjahre hatte er in der von
Wilhelm Marr von
1847 bis 1852 edierten
satirischen Zeitschrift „Mephistopheles“ absolviert und war
Marr deshalb in Dankbarkeit
verbunden. Beide pflegten auch nach dem Streit von 1862
ihre freundschaftliche Beziehung weiter.
Julius Stettenheim, Der Judenfresser. Ein „Wohl bekomm’s“, Hamburg 1862, veröffentlicht in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte,
<https://dx.doi.org/10.23691/jgo:source-120.de.v1> [21.11.2024].