Die Kunstförderin Ida Dehmel (1870–1942) führte 1936 ein Tagebuch über ihre Weltreise an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Reliance“. Am 11.6.1936, nach der Rückkehr in ihr Haus in Blankenese, notierte sie einen Nachtrag. Auf dieser letzten Seite beschreibt sie das Glücksgefühl, das sie auf dem Meer empfand und thematisiert den für sie wesentlichen Unterschied zum vertrauten Land. Zum Zeitpunkt der Niederschrift hatte die Reichsschrifttumskammer Ida Dehmel eine eigene schriftstellerische Tätigkeit bereits verboten. Von dem kurzen Tagebuch, das über Zielorte der sechsmonatigen Reise berichtet, existieren mehrere maschinenschriftliche Exemplare auf dünnem Papier, vermutlich Abschriften eines handschriftlichen Originals, die in marmorierte Deckel gebunden sind und in privaten Kreisen verblieben. Seereisen waren für die aus jüdischem Elternhaus stammende Kunstfreundin Ida Dehmel eine Möglichkeit, der Ausgrenzung im nationalsozialistischen Hamburg zumindest auf Zeit zu entfliehen und sich abzulenken. Emigration kam für sie nicht in Betracht. Ihr Nachtrag im Tagebuch ist Zeugnis einer Vergnügungsreise im Angesicht der Gefahr.
„Nachtrag in Ida Dehmels Tagebuch einer Weltreise an Bord der „Reliance“ 1936, veröffentlicht in: Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, <https://dx.doi.org/10.23691/jgo:source-205.de.v1> [30.12.2024].